Wismar - Venedig
        September 2009               1142 km

Die Idee

Ich wollte schon lange gerne einmal mit dem Ziel Venedig die Alpen überqueren. Nach einem gescheiterten Wanderversuch vor vielen Jahren habe ich inzwischen verstanden, dass Radeln "meine" Fortbewegung ist. Das wiederum erlaubt es mir, eine längere Strecke einzuplanen, als ich es als Fußgänger könnte. Außerdem konnte ich so zwei zusätzliche Aspekte in die Überlegung mit einbauen: Die Verbindung zweier Meere und die komplette Durchquerung Deutschlands. Eine Radtour von der Ostsee ans Mittelmeer. Von Wismar nach Venedig.

Die Streckenplanung

Eine höhere Priorität als die Streckenplanung hatte in diesem Jahr die Zeitplanung. Und die ging so: Wenn es jetzt stattfinden sollte, dann unter der Vorgabe, dass ich uns mit meinem Alleingang nur ein gemeinsames Wochenende "crashen" wollte. Abfahrt also in Wismar an einem Montag Morgen, Rückkehr per Zug Freitag Nachmittag/Abend der nächsten Woche. Das heißt: Nachtzug ab Venedig (besser vorher buchen!) am späten Donnerstag Abend, um den ganzen Donnerstag für einen Venedig-Bummel zu haben. Ankunft in Venedig (bzw. in direkter Nähe, wo es Zeltplätze hat) am Mittwoch Abend. Durchzählen: Mo, Di, Mi, Do, .... ZEHN Tage für die Strecke von... Wie weit ist das eigentlich?

Sehr schnell wurde klar, dass nur eine sehr radikale Streckenplanung in Frage kam. Sehenswürdigkeiten, die unterwegs mehr als 200 m neben der Strecke liegen würden, hatten keine Chance ;-) Im Grunde bestand die Routenplanung daraus, "Wismar-Venedig" bei google maps einzugeben. Der erste Versuch führte über Autobahnen, aber mit dem relativ neuen Zusatzbutton "Fußweg" ließ sich das beheben, und man erhält eine Route, fast wie mit dem Lineal durch Deutschland gezogen - natürlich mit dem Hinweis, es handele sich um eine beta-Version der Software und dass keine Garantie übernommen werde, dass wirklich überall Fußweg vorhanden sei. Ein detaillierter Blick auf die Strecke zeigte dann auch, dass die Planung den kilometerlangen Felbertauerntunnel beinhaltete. Nicht gut. Das ließ sich durch die Erweiterung um das Zwischenziel "Zell am See" umgehen. Nun führte die Strecke über die Großglockner-Hochalpenstraße. Geht doch :-) (Das funktioniert übrigens nur, wenn man die Planung NICHT während der Wintersperrung der Großglocknerstrecke durchführt, die offensichtlich bei google berücksichtigt wird)
Als letzte Änderung wurde dann noch Venedig als Ziel durch Punta Sabbioni ersetzt, weil ich mich dem Ziel lieber von der Seeseite her nähern wollte als zu riskieren, durch Industriegebiete in Mestre geschickt zu werden. Länge der geplanten Route: 1157 km
PS: Zur Zeit (2.6.2011) funktioniert die Fußgänger-Routenplanung bei google in dem kritischen Abschnitt über die Alpen überhaupt nicht. Man wird in einem abenteuerlich riesigen Bogen bis nach Slowenien dirigiert... Ziehen Sie also am besten selbst einen Strich von Zell am See über Winklern, Kötschach-Mauthen, Paluzza, Tolmezzo.

Was draus wurde

31.08.2009. Ich hatte also reichlich Zwischenpunkte der google-Streckenplanung auf Notizzetteln sowie die Strecke abdeckende Generalkarten (1:200.000) bei mir, denn irgend etwas in mir sträubte damals sich gegen Navi-Geräte am Fahrrad. Selbst Schuld.... Fakt ist: Die vorberechnete Streckenlänge war so nicht einzuhalten. Man müsste an jeder Straßenecke auch die kleinsten unausgeschilderten Sträßchen berücksichtigen. Außerdem orientiert sich jede Tagesetappe erneut an möglichen Übernachtungspunkten, bevorzugt Zeltplätzen. Nach dem Motto: "There's no use in cycling through big cities" versuchte ich ferner, die eine oder andere Stadt zu umfahren. In Magdeburg hingegen brauchte ich gezielt einen Umweg durch die Stadt zu einem Outdoor-Laden, weil mein Kocher undicht war. Dank übrigens an das Team von "Der Aussteiger"!
Nach drei Tagen jedenfalls sollte ich bei 345 km liegen, hatte aber schon 415 mit strammem Gegenwind hinter mir UND es fehlten trotzdem noch 10 km bis zum berechneten Etappenziel. Und dieser Trend setzte sich fort - und schlug sich auf meine Knie nieder. Nach fünf Tagen war klar: Ich brauche eine Abkürzung, und meine Knie brauchen einen Ruhetag. So kam es, dass ich - völlig unfair - ein Stück mit der Bahn überbrücken musste. ABER: Der Spaß der Alpenüberquerung lag trotzdem noch vor mir. Und am Ende sollte ich dennoch auf die ursprünglich geplanten ca. 1150 Kilometer kommen. Und das in nun nur noch neun echten Radel-Tagen. Das schlechte Gewissen hält sich also in Grenzen :-)
"Was draus wurde" - das lässt sich auf den folgenden Fotoseiten nachvollziehen - und innerhalb von knapp fünf Minuten bei Youtube:

Das Reisetagebuch endet mit dem spontan niedergeschriebenen Eindruck: "Total behämmert, absolut nicht zur Nachahmung empfohlen - aber toll war's trotzdem."


 

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