Obwohl ich mir gestern abend kurz vor Schluss vorgenommen hatte: "das nächste Zimmer ist meins", war Zelten OK.
Auf Frühstück im Nieselregen hatte ich aber keine Lust und ging ins Bistro. Danach folgte ein Brot- und Kuhglockenkauf
in Andermatt. Ein bisschen schweizerische Touristendorf-Idylle musste auch mal sein, bevor es an den weiteren Aufstieg
ging. Andermatt liegt nämlich trotz der gestrigen Strapazen noch nicht "oben".
Es ging nun also los auf den Oberalppass (10 km, 600 Höhenmeter auf 2048). Das Wetter war in Ordnung - wolkig mit
Lichtblicken. Erst ganz oben etwas Niesel, aber wohl vor allem, weil ich die Unterkante der Wolken erreicht hatte.
Die ganze Zeit über kam mir der Gigathlon-Tross auf Rennrädern entgegen, während ich den Berg eher hinaufkroch.
Es ist schon klasse, ausgerechnet von denen beim Hochfahren zum Pass angefeuert zu werden! :-)
Oben am Pass angekommen, ließ ich mich von einem der Polizisten fotografieren, die anlässlich des Gigathlons ein wenig
den Verkehr regelten. Im Restaurant belohnte ich mich mit Capuccino und Pflaumenkuchen. Mit warmer Kleidung folgte
dann die Abfahrt bis Disentis. Super Straße und super Aussicht! Beeindruckend war hier die Höllenschlucht, lästig
allerdings die Tunnel bzw. Galerien.
Aus meiner Sicht verlief die Straße auf der linken Seite des Vorderrheintals auf einiger Höhe. Gegenüber sah ich einen
sehr (!) steilen Bach herabschießen, der von der auf der Karte verzeichneten Rheinquelle kommen könnte. Es gibt hier aber
auch noch den "Rein da Nalps" und den "Rein da Medel". Letzterer kommt vom Lukmanierpass / Passo del Locomagno /
Pass del Lucmagn - meinem nächsten Ziel. Seit dem Oberalppass vermischen sich die Sprachen merklich (und auch die
Landesgerichte: Pizza mit Geißkäse...). Ich komme nach Graubünden, wo das Rätoromanische zuhause ist.
Am Beginn der Lukmanierstraße bekam ich noch etwas feinen Sprühregen ab, dann wurde das Wetter besser. Ich bilde mir ein,
dass das auch schon an regionalen Unterschieden und meinem Weg nach Süden liegt. Ich beobachtete Bauern bei der Heuernte
und wurde selbst von aufmerksamen Hunden begutachtet. Ich strampelte weiter die Passstraße hoch und kam zum ersten Stausee
des Rheins, Lai da Sontga Maria. Die Buchstabenkombination "tg" fällt mir häufiger auf
(Alpe Stgegia, Tgasa da Scola = Schulhaus).
Am Rhein-Stausee gab's dann ein Erinnerungsfoto mit Jahreszahl vom Baujahr der Mauer. Aber jetzt mal ehrlich - wer sieht
besser aus?! :-)
Beim Lesen der Karte und auch "in Echt" fand ich den Zeltplatz "Acquacalda" am Beginn des "Valle Santa Maria" - eine
Super-Entdeckung. Ein kleines Stückchen Wald-Idylle wie in Alaska. Viel Nadelwald, Berge, Waldduft, Einzelplätze an einem Bach. Nur
die Tische fehlen. Das ganze hinter einem Restaurant. Sogar Mücken gab's :-) - und immerhin eine Feuerstelle, die für das
entsprechende Duft-Aroma sorgte.
Nach dem Duschen und Spaghetti mit Fertigsoße habe ich noch eine Weile alleine (es wurde doch recht kühl) auf der
Restaurantterrasse gesessen und das Farbenspiel aus sehr dunklen Wolken und der Abendsonne auf den Hängen genossen. Im
Lokal habe ich einen Macchiato bestellt und - anders als im Norden der Schweiz - keinen Latte Macchiato, sondern einen
Espresso Macchiato bekommen. Also einen Espresso mit einem winzigen Häubchen aus Milchschaum. Naja, auch lecker, aber nicht
geeignet um mich aufzuwärmen. Augen auf beim Kaffeekauf! Gut, dass ich heute hier geblieben bin - Knie und Muskulatur ziepen ein wenig. Heute gab es zwar nicht so viele Kilometer, aber auch wieder einiges an Höhenprofil - wenn auch nicht so krank wie gestern. |