Um 6:43 war die geplante und fast pünktlich eingehaltene Ankunft
des Nachtzugs am "Badischen Bahnhof" in Basel. Kurz nach dem Wecken mit
meinem eigenen Wecker hatte sich auch der Schaffner gemeldet, um mir aussteigegerecht
meinen Ausweis zurückzubringen. Den hatte er am Abend für die
kollektiv durchgeführte Zollkontrolle eingesammelt. Guter Service
- so musste der Zoll nicht alle Fahrgäste wecken.
Mit mir zusammen stieg ein älterer Radfahrer aus, der schon
acht der neun offiziellen Schweizer Radrouten komplett befahren hatte. Unsere Wege
trennten sich aber vor dem Bahnhof. Mit 1x Verfahren wegen 50%-Chance bei
der Orientierung auf der noch nicht eingenordeten Karte radelte ich in
die Innenstadt und eierte dort eine Weile auf der Suche nach Frühstück
herum. Das fand ich dann in einem Café mit 3-4 Bistrotischen und
Barhockern. Vorher nahm ich mir noch Zeit für ein symbolisches Start-Foto auf der
Rheinbrücke.
Auf die Ausschilderung der nationalen Velorouten hatte der Radler
mich am Bahnhof noch aufmerksam gemacht, aber denen war ich ja in die Innenstadt
hinein nicht gefolgt. Also waren sie erst einmal "weg" - auch wenn ich
später, am Ende der Tour, nicht mehr verstand, wie das passieren konnte.
Vielleicht waren die Radrouten zu groß ausgeschildert, und ich suchte
zu kleine Schilder. Wer weiß.
Mit Hilfe eines Fahrradkuriers, den ich nach dem Weg fragte, fand
ich in der richtigen Richtung aus der Stadt heraus - zunächst recht
unidyllisch, aber irgendwo in Muttenz oder Pratteln fand ich auch die Route
"3" wieder. Ich fuhr immer noch in "Zivil" von der Bahnfahrt - Treckinghose
+ -hemd, unterm T-Shirt sogar Baumwollunterhemd. Es nieselte, also irgendwann
auch noch Anorak. Als ich endlich Zeit und Lust und Ort zum Umziehen fand
(überdachter Garagentor-Bereich eines größeren Hauses),
war die Baumwolle schon gut nass. Weiter wäre es so aber wirklich
nicht mehr gegangen, denn der Regen wurde stärker. Also volle Regenmontur
mit Überschuhen für den Rest des Tages. Gefühlt war es ein
regnerischer Tag, tatsächlich vielleicht zu 50%.
Dann irgendwann kam
das Schild: Radroute steigt 370 m auf 9 km. Die Höhenangabe war rückblickend
sicher die Differenz zwischen Anfangs- und Endhöhe und nicht die Summe
aller Steigungen. Ich hatte das Mittelgebirge, den Schweizer Jura, erreicht,
und das war im weiteren Geländeverlauf deutlich zu spüren. Dann
machte die Route 3 auch noch einen 6 km langen Umweg, und auf dem schlugen
die Steigungen dann - speziell für den ersten Reisetag - gut zu. Eine
heftige Hügel-Trainings-Etappe zu Beginn der Tour! Mann, was war ich
zwischendurch im Eimer :-) Aber die Landschaft war nett, und der Weg führte
durch hübsche kleine Dörfer, schon so, wie ich mir die Schweiz
vorgestellt hatte.
Es folgte ein kurzes Butterbrote-Mittagessen in Aarau. In der
Aarau-Info erfuhr ich, wo der Weg weitergeht (der führte mich zunächst
an einem kompliziert den Verkehr dirigierenden Polizisten in Orange in
einem Stand mit Dach vorbei) und dass die Brunnen hier überall Trinkwasser
liefern. Steht auch dran. Tolle Sache!!
Der Weg führte dann schön flach am Bach Suhre entlang
- erst durch ein schönes Wohngebiet, dann durch Wiesen und Felder.
Zwar auf Schotter, mit Gegenwind und entgegen der Fließrichtung,
aber immerhin flach. Den Jura hatte ich bereits überquert und befand
mich nun im Schweizer Mittelland. Von den Straßenqualitäten
her war heute alles dabei - Asphaltabfahrt mit über 60 km/h sowie Abfahrt
auf Waldweg - Taschen und Überschuhe sehen aus wie Sau! Die Schuhmode
war sowieso nicht optimal - die Schuhe sind unter den Überzügen
zwar sauber geblieben, aber trotzdem nass. Wegen der weißen Ränder
in den ersten trocknenden Stellen der Socken vermute ich: nass von innen
her...!
Nach 86 km - 26 nach Aarau - entdeckte ich ein Schild am Radweg: Schlaf
im Stroh. Den Bauernhof fand ich auch, und für 25 SFR incl. Frühstück
hatte ich ein riesiges Strohlager für mich alleine. Der Betonbau ist
zwar nicht so idyllisch, aber das ist nicht so wichtig. Im Restaurant hier
im Dorf (Knutwil) war ich noch lecker essen - Walliser Rösti mit Raclettekäse
und Spiegelei. Nur etwas zu fettig.
Wildlife-Viewing heute: eine Ziege an einem Haus in einem Dorf. Mehrere
Katzen, Schafe, Kühe mit Glocken, ein Eichhörnchen. Schwalben
- eine saß auf dem Radweg herum. Kurz vor Ankunft am Bauernhof noch
ein Hund, der mit Pfötchengeben Weiterknuddeln erpresst hat :-) Die
Alpen sah ich am Abend erstmals, als das Wetter allmählich besser
wurde. |